Vielversprechend – nicht nur, aber auch für den Rettungsdienst:
Die Regierungskommission für eine moderne und bedarfsgerechte Notfallversorgung hat heute in ihrer neunten Stellungnahme Empfehlungen für die Reform der Notfall- und Akutversorgung vorgelegt.
Darin werden Überlegungen zu Leistungsumfang, Organisation, Niveau der Versorgung und Bezahlung angestellt. Ein Teil der Empfehlung ist, dass der Rettungsdienst nun in das SGB V überführt wird. Daneben sollen einheitliche Qualitätsstandards, auch durch den Einsatz verstärkter Digitalisierung etabliert werden. Das schließt eine Kompetenzerweiterung der Notfallsanitäter durch eine entsprechende Weiterqualifizierung ein. Themenbereiche sind insbesondere die Arzneimittelgabe einschließlich Betäubungsmittelgabe, sowie andere invasive Maßnahmen. So soll zukünftig weiter abgestuft werden, wann zwingend eine Notarztindikationen vorliegt und wann der Einsatz in den Händen des nichtärztlichen Personals bleiben kann. Angedacht ist sogar ähnlich wie im anglo-amerikanischen Raum eine eigene fachgebundene Heilkundebefugnis für Notfallsanitäter. Daneben soll eine stärkere organisatorische Vernetzung mit den Notaufnahmen forciert werden, sowie ein Ausbau der Luftrettung. In puncto Finanzierung will die Kommission zukünftig auch die Patientenversorgung ohne Transport vergüten. Bisher wurden dafür nur Fahrtkosten bezahlt.
Als Rettungssanitäter begrüße ich die Reformvorschläge. Ich halte diese aber durchaus auch für diskussionswürdig. Es dürfte außer Frage stehen, dass das System der präklinischen Notfallmedizin reformbedürftig ist. Keinen Aufschluss gibt die Stellungnahme indes, wie die (Weiter-)Qualifikation der Notfallsanitäter aussehen soll (außer das ein BA und MA Studium in Aussicht gestellt wird). Insbesondere wenn mit hochgradig invasiven und gefährlichen Maßnahmen sowie mit Betäubungsmitteln gearbeitet werden soll, reicht die Abarbeitung von Algorithmen nicht mehr aus. Jemand der ein komplettes Medizinstudium nebst PJ und Weiterbildungszeit hinter sich hat, ist in der Lage, bei Komplikationen den berühmten „Plan B“ zu entwerfen. Daneben gehört zu einer qualitativ hochwertigen Behandlung vor der Durchführung invasiver Maßnahmen neben einer vollständigen Anamnese und Befunderhebung auch eine Diagnose. Letztere zählt in juristischer Hinsicht zum „Kernbereich der ärztlichen Tätigkeit“ und wäre als solche auch nicht delegationsfähig. Das könnte dem Vorschlag nach durch eine Generaldelegation unter Verantwortung des Ärztlichen Leiters RD gelöst werden. Ob ich diese Verantwortungsabwälzung als Ärztlicher Leiter prickelnd fände, steht freilich auf einem anderen Blatt. Die weitere Entwicklung bleibt also spannend.
Als aktiver Rettungssanitäter steht Ihnen Herr Prof. Dr. Kanth bei sämtlichen Fragestellungen gerne als kompetenter Ansprechpartner zur Seite.